Friedrich von Schiller
Sein Gedicht
Die Künstler

Originalzitat des Gedichtes
Wie schön, o Mensch, mit deinem Palmenzweige
Stehst du an des Jahrhunderts Neige,
In edler stolzer Männlichkeit,
Mit aufgeschloßnem Sinn, mit Geistesfülle,
Voll milden Ernsts, in tatenreicher Stille,
Der reifste Sohn der Zeit,
Frei durch Vernunft, stark durch Gesetze,
Durch Sanftmut groß, und reich durch Schätze,
Die lange Zeit dein Busen dir verschwieg,
Herr der Natur, die deine Fesseln liebet,
Die deine Kraft in tausend Kämpfen übet
Und prangend unter dir aus der Verwildrung stieg!
Berauscht von dem errungnen Sieg,
Verlerne nicht, die Hand zu preisen,
Die an des Lebens ödem Strand
Den weinenden verlaßnen Waisen,
Des wilden Zufalls Beute, fand,
Die frühe schon der künftgen Geisterwürde
Dein junges Herz im stillen zugekehrt,
Und die befleckende Begierde
Von deinem zarten Busen abgewehrt,
Die Gütige, die deine Jugend
In hohen Pflichten spielend unterwies,
Und das Geheimnis der erhabnen Tugend
In leichten Rätseln dich erraten ließ,
Die, reifer nur ihn wieder zu empfangen,
In fremde Arme ihren Liebling gab,
O falle nicht mit ausgeartetem Verlangen
Zu ihren niedern Dienerinnen ab!
Im Fleiß kann dich die Biene meistern,
In der Geschicklichkeit ein Wurm dein Lehrer sein,
Dein Wissen teilest du mit vorgezognen Geistern,
Die Kunst, o Mensch, hast du allein.
Nur durch das Morgentor des Schönen
Drangst du in der Erkenntnis Land.
An höhern Glanz sich zu gewöhnen,
Übt sich am Reize der Verstand.
Was bei dem Saitenklang der Musen
Mit süßem Beben dich durchdrang,
Erzog die Kraft in deinem Busen,
Die sich dereinst zum Weltgeist schwang.
Was erst, nachdem Jahrtausende verflossen,
Die alternde Vernunft erfand,
Lag im Symbol des Schönen und des Großen
Voraus geoffenbart dem kindischen Verstand.
Ihr holdes Bild hieß uns die Tugend lieben,
Ein zarter Sinn hat vor dem Laster sich gesträubt,
Eh noch ein Solon das Gesetz geschrieben,
Das matte Blüten langsam treibt.
...
Wann entstand das Gedicht "Die Künstler"?
Das Gedicht "Die Künstler" wurde zwischen 1775 und 1805 von Friedrich von Schiller verfasst. Es spiegelt die Ideale der Epochen Sturm & Drang sowie Klassik wider.
Worum geht es in dem Gedicht?
"Die Künstler" ist eine Hommage an die schöpferische Kraft der Kunst. Es beleuchtet ihre Rolle bei der Veredelung des Menschen und ihrer Fähigkeit, höhere Ideale zu erreichen. Schiller thematisiert den Übergang von Sinnesfreuden zu geistigen und moralischen Werten.
Inhalt / Handlung des Gedichts
Das Gedicht beschreibt die Kunst als Mittel zur Vervollkommnung der Menschheit. Schiller hebt hervor, wie die Kunst Schönheit, Wahrheit und Tugend vereint und eine harmonische Verbindung zwischen dem Menschen und dem Göttlichen schafft.
Interpretation
"Die Künstler" unterstreicht Schillers Überzeugung, dass Kunst eine zentrale Rolle in der ethischen und ästhetischen Bildung des Menschen spielt. Die Kunst wird als transformative Kraft dargestellt, die nicht nur den Geist erhebt, sondern auch die moralischen Werte stärkt.
Schiller verwendet das Gedicht, um die Harmonie und den Ausgleich zwischen Sinnlichkeit und Vernunft zu propagieren, was ein zentrales Anliegen der Weimarer Klassik ist.
Reimschema und stilistische Mittel:
Das Gedicht ist in einem hymnischen Stil verfasst und nutzt einen freien Vers, um die Erhabenheit des Themas zu betonen. Es enthält zahlreiche Metaphern, Personifikationen und Symbole, wie "die immer heitere Sonnentag," um die transzendente Natur der Kunst zu illustrieren.
Die Struktur des Gedichts mit seinen 487 Versen und 33 Strophen bietet eine epische Darstellung der Kunst und ihrer Entwicklung.